Teilhabe von Schwerbehinderten am Erwerbsleben

Ein „Reisebericht“ über einen Nachmittag voll Informationen

Mit Schwerbehinderung leben und arbeiten im Odenwaldkreis soll immer weniger ein Problem für Betroffene sein. Damit das gelingt, gibt es eine Vielzahl von unterstützenden Angeboten und gut funktionierenden Netzwerken. Soziale Einrichtungen und ihr Personal entwickeln sich jedoch ständig weiter, so dass es von Zeit zu Zeit notwendig ist ein „Update“ durchzuführen. Für haupt- und ehrenamtlich Mitarbeitende von Einrichtungen des Sozial- und Gesundheitswesens im Odenwaldkreis gab es am 7. Mai 2014 die Möglichkeit neue Einblicke und Kontakte zu gewinnen. Im Rahmen einer „Rundreise“ konnten sich die Teilnehmenden zum Thema „Teilhabechancen von schwerbehinderten Menschen im Arbeitsleben“ an verschiedenen Stationen informieren.

Der erste Halt war im Gesundheitszentrum Odenwald. Michael Hotz, der Pflegedirektor des Gesundheitszentrums begrüßte alle und informierte über die verschiedenen Einsatzgebiete der schwerbehinderten Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter seines Hauses. Danach gab die Krankenhausseelsorgerin Sabine Färber-Awischus in der neu gestalteten Krankenhauskapelle einen spannenden Einblick in ihr Arbeitsgebiet. Wir erfuhren, dass die Krankenhausseelsorgerin natürlich auch für Gottesdienste im Klinikbereich zuständig ist und bei Todesfällen in Anspruch genommen wird. Ihr Aufgabenspektrum ist aber wesentlich breiter und beinhaltet zum Beispiel die Begleitung von Patienten bei schwierigen Diagnosen, glücklosen Geburten und bei unklaren Patientenverfügungen sowie die Mitarbeit in der Ethikkommission.

Auch die Krankenhauskapelle selbst verdient Erwähnung: Besonders begeistert waren alle vom neuen Altar der Kapelle, der aus einer mehrere hundert Jahre alten Eiche aus Airlenbach gestaltet wurde.

Nach Frau Färber-Awischus stellte Lena Raubach vom Selbsthilfebüro der paritätischen Projekte ihre Arbeit vor. Sie berichtete über die Bandbreite der Selbsthilfe im Odenwald, über den Selbsthilfetag und die Vorbereitung von Supervisionen für Mitglieder von Selbsthilfegruppen.

Die Integra GmbH (Gemeinnützige Gesellschaft für soziale Arbeit) war die nächste Station. Monika Atzbach vom „Tagwerk“ der Integra stand für Fragen zur Verfügung und Mitarbeiterin Clarissa Bläske führte uns kompetent durch die Einrichtung in Erbach. In  verschiedenen Werkstätten werden Arbeitsplätze für Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter mit psychischer Erkrankung angeboten. Besondere Aufmerksamkeit fanden die Kreativ- und die Instrumentenwerkstatt. Die Kombination von Tagesstätte und verschiedene Werkstätten ermöglicht eine große Flexibilität beim Einsatz der Beschäftigten und gibt die Möglichkeit, jeden nach persönlichen Fähigkeiten und Fertigkeiten oder nach Tagesform, einzusetzen.

Die letzte Station war das Diakonische Werk Odenwald, wohin der Integrationsfachdienst (IFD) des Hauses eingeladen hatte. Der IFD berät und begleitet schwerbehinderte Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer, aber auch die Arbeitgeber der Region zu allen Fragen des Themas „Arbeit und Behinderung“. Barbara Lang und Kathrin Suderleith informierten über die neuen Fördermöglichkeiten des LWV (Landeswohlsfahrtsverband Hessen) und über die Initiative Inklusion, die die Schaffung von Arbeitsplätzen für schwerbehinderte Menschen über 50 zum Ziel hat (die Förderkriterien finden Sie hier: http://www.integrationsamt-hessen.de/webcom/show_article.php/_c-300/_nr-17/i.html)

Sabine Allmenröder vom Patenprojekt „Kinder willkommen“ stellte ihre Arbeit vor und berichtete von ihrer zweiten Funktion als Mitarbeiterin der der ländlichen Familienberatungsstelle, der Evangelischen Kirche in Hessen und Nassau. Sie berät landwirtschaftliche Betriebe in Umbruchsituationen. Nach ihrer Erfahrung werden in landwirtschaftlichen Betrieben traditionell auch Menschen mit Behinderung beschäftigt. Aufgrund der gestiegenen Anforderungen in der zunehmend technisierten Landwirtschaft, seien die Möglichkeiten der Beschäftigung von Menschen mit geistiger Behinderung aber deutlich zurückgegangen.

Des Weiteren berichtete Elke Mühlhäuser über die Neuigkeiten des Unterstützungsvereins Christophorus, der auf die Verbesserung der Lebensqualität von Menschen mit Behinderung ausgerichtet ist. Die Aufgaben dieses Vereins werden vollständig auf ehrenamtlicher Basis durchgeführt. Derzeit arbeitet der Verein an der Planung eines Angebotes, das Familien mit schwerkranken oder behinderten Menschen eine Erholungszeit bieten kann. Hierfür hatte der Verein im April ein gut besuchtes Benefizkonzert veranstaltet.

So wurden alle Teilnehmenden mit den aktuellsten Informationen versorgt. Nicht nur für neue Mitarbeiterinnen bot diese Rundreise eine sehr gute Möglichkeit Einblicke zu gewinnen und neue Kontakte zu knüpfen. Allgemein war man sich einig, dass offensichtlich viele Arbeitgeber das Potential von schwerbehinderten Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern nicht nutzen und dass verschiedenen Fördermöglichkeiten für Arbeitsplätze von schwerbehinderten Menschen nicht allgemein bekannt sind. Dies sind zum Beispiel die Befreiung von der Pflichtplatzabgabe, die Erstattung von Fortbildungskosten, Arbeitsassistenz, technische Hilfen und individuelle Lohnkostenzuschüsse.

Deutlich wurde bei dem gemeinsamen Austausch auch, dass beim Thema „Behinderung“ oft nur an Körperbehinderung oder an geistige Behinderung gedacht wird. Die seelischen Behinderungen werden kaum in der Öffentlichkeit wahrgenommen. Diese haben jedoch in den letzten Jahren deutlich zugenommen. Hier gilt es noch viel Aufklärungsarbeit zu leisten.

(Von Kathrin Suderleith und Bärbel Simon im Juni 2014)